Interview mit Petra Jung, die beim CEWE Photo Award mit ihrem Foto «Pusteblumen-Schirmchen» zur Siegerin in der Kategorie «Natur» gekürt wurde.
Mit 606.289 Einreichungen wurde der CEWE Photo Award erneut zum grössten Fotowettbewerb der Welt. Allein aus der Schweiz wurden über 24.000 Fotos eingereicht. Eine Schweizerin hat es ganz nach vorne geschafft – Petra Jung aus Hämikon im Kanton Luzern wurde zur Siegerin in der Kategorie «Natur» gekürt. Im Interview erzählt die Lehrerin von Ihrer Leidenschaft für die kleinen Details der Natur und der Makrofotografie.
Liebe Frau Jung – erst einmal Herzlichen Glückwunsch zu diesem unglaublichen Erfolg. Wie fühlt sich das an, bei über 600.000 Einreichungen aus der ganzen Welt unter den Top 10 gelandet zu sein?
Es ist unfassbar. Der CEWE Photo Award ist ja wirklich riesig, als Hobbyfotografin hätte ich niemals damit gerechnet. Ich kann es gar nicht so richtig glauben. Ich freue mich einfach, dass ich dabei bin und lasse mich überraschen, was jetzt noch auf mich zukommt.
Stellen Sie sich doch kurz vor.
Ich komme aus Hämikon. Mein Mann und ich haben zwei Töchter. Wir wohnen sehr ländlich, deshalb kann ich die Fotografie rund um unser Haus herum wunderbar ausleben. Ich muss gar nicht weit gehen. Beruflich bin ich Grundschullehrerin, unter anderem gebe ich Kunstunterricht. In meiner Freizeit bin ich gerne draussen, zum Beispiel beim Velofahren oder Wandern.
Was hat Ihre Familie zu Ihrem Erfolg gesagt?
Wir waren zu dem Zeitpunkt in den Ferien und kamen gerade zurück vom Strand. Da hat sich eine Kollegin bei mir gemeldet, die hatte mein Bild im Fernsehen gesehen. Sie hat es gefilmt und mir geschickt. Ich habe das zuerst gar nicht recht verstanden, wir haben es alle zusammen mehrfach angeschaut und ich habe nur gedacht: «Das gibt es doch gar nicht». Aber irgendwann haben wir es dann gemeinsam realisiert, dass das eine grössere Geschichte ist. Natürlich haben wir diese schöne Nachricht am Abend gemeinsam bei einem tollen Essen gefeiert. Nach und nach sind dann die Gratulationen von Freunden und Bekannten bei mir angekommen, das war schon schön.
Hat Sie das Motto «Our world is beautiful» inspiriert? Was bedeutet es für Sie?
Für mich ist es das Motto meiner Fotografie. Ich zeige gerne die Schönheit der Welt. Bei der Makrofotografie diese kleinen Sachen zu finden und zu sehen... die Schönheit im Kleinen zu suchen... das ist einfach toll. Das passt für mich genau zum CEWE Photo Award.
Warum haben Sie genau dieses Foto beim CEWE Photo Award eingereicht?
Es ist eine ungewohnte Perspektive, in der man diese Schönheit entdecken kann. Man ist so nah dran. Viele Leute erkennen erst mal gar nicht, was ich da fotografiert habe, denn im Alltag sieht man ja selten so genau hin. Das macht für mich die Schönheit im Kleinen aus. Ich fotografiere ja häufig Käfer, Insekten oder Blumen. Aber dieses Foto ist einfach etwas Besonderes, es ist ein Motiv, das man nicht jeden Tag in dieser Form sieht.
Wie ist das Foto entstanden?
Das war im ersten Lockdown, da hatten die Schulen geschlossen, also war ich zuhause und hatte natürlich viel Zeit zum Experimentieren, Ausprobieren und neue Ideen sammeln. Eigentlich wollte ich es gar nicht so fotografieren, wie es jetzt zu sehen ist – das Schirmchen sollte eigentlich stehen. Aber es ist einfach umgekippt. Und so entstand dieses Foto – manchmal ergeben solche spontanen Situationen die besten Bilder.
Was war die ursprüngliche Idee hinter dem Motiv?
Ich probiere immer wieder, diese Schirmchen mit Wasser zu fotografieren. Die Idee war, auch mal eine Spiegelung in den Tröpfchen einzufangen. Hier hat sich «aus Versehen» dieser grosse Tropfen gebildet – der jetzt umso besser aussieht.
Was war die Herausforderung dabei?
Ich habe das Foto drinnen aufgenommen und habe zunächst verschiedene Versuche gemacht, um herauszufinden, wie das Schirmchen stehen könnte. Schlussendlich habe ich ein Wasserglas genommen und einen Damenstrumpf darüber gespannt. Das Schirmchen habe ich dann in den Strumpf gesteckt und mit Wasser besprüht. Im Hintergrund steht ein Bildschirm mit einem Blumenfoto – das war die Beleuchtung. Alles sehr improvisiert, aber ich experimentiere einfach gerne und lasse mich überraschen, was dabei herauskommt.
Was gefällt Ihnen selbst am besten an Ihrem Foto?
Ich finde die warmen, bunten Farben sehr ansprechend. Und mir gefällt, dass man erst einmal genauer hinschauen muss um zu erkennen, was man gerade sieht. Das macht es spannend. Deswegen mache ich solche Fotos besonders gerne.
Wenn Sie Ihrem Foto eine Aussagen geben könnten, was wäre die?
Das Foto zeigt eine dieser kleinen, wundersamen Strukturen und Elemente in der Natur. Das ist die Aussage: Die Schönheit der Natur im Kleinen.
Sie haben uns gesagt, dass Sie auch gerne draussen in der Natur sind: Wie fotografieren Sie dort? Wie können wir uns das vorstellen?
Ich fotografiere sehr gerne zuhause. Meistens gehe ich einfach vors Haus, da kann ich dann schon mal zwei Stunden im Gras liegen und Motive suchen. Da vergesse ich komplett die Zeit. Das ist ein wunderbarer Ausgleich für mich. Es braucht natürlich viel Geduld wenn man wartet, bis das Insekt im richtigen Moment und im richtigen Winkel positioniert ist. Aber ich geniesse das. Ich fotografiere in der Regel alleine und geniesse diese Ruhe. Das ist für mich ein Abschalten von allem.
Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Das war schon in der Jugend. Ich habe so mit 15 oder 16 Jahren meine erste Spiegelreflex-Kamera gekauft und seitdem fotografiere ich einfach gerne. Die Fotografie hat mich nicht mehr losgelassen, sie fasziniert mich nach wie vor.
Welchen Stellenwert hat die Fotografie in Ihrem Leben?
Die Fotografie ist für mich das Hobby, mit dem ich am meisten Zeit verbringe, wo ich mit der grössten Leidenschaft dabei bin. Selbst wenn ich die Kamera mal nicht dabei habe, sondern nur das Handy, knipse ich viele Fotos. Ich brauche das, denn ich sehe immer wieder Sachen, die ich einfach festhalten muss.
Sie haben neben «Pusteblumen-Schirmchen» noch einige weitere Makroaufnahmen eingereicht. Was gefällt Ihnen an der Makrofotografie so gut?
Ich liebe die Makrofotografie weil man gar nicht weit gehen muss, um die schönsten Motive zu finden. Man findet einfach immer etwas, zu jeder Jahreszeit und das Wetter spielt eigentlich gar keine Rolle. Ich brauche nicht zu verreisen sondern kann ganz flexibel, wenn ich mal eine Stunde Zeit habe, an die frische Luft und nach neuen Motiven suchen.
Warum steht bei Ihren Fotos die Natur so stark im Vordergrund?
Sie ist einfach schön – ich finde die Natur bietet unfassbar viele schöne Motive. Und man kann sich viel Zeit nehmen, es gibt keine Eile.
Erzählen Sie uns von einem besonderen fotografischen Moment, der Ihnen in Erinnerung geblieben ist.
Im Winter habe ich mal ein Experiment mit Seifenblasen gemacht. Ich wollte eine gefrorene Seifenblase im Gegenlicht der Sonne fotografieren. Das hat extrem viele Anläufe gebraucht, denn mal weht der Wind die Blasen weg, mal gefrieren sie gar nicht, mal platzen sie direkt… Dementsprechend war meine Freude riesengross, als es mir endlich gelungen ist.
Die Kälte habe ich da gar nicht mehr gespürt. Da war ich so im Moment und so konzentriert. Aber als ich dann von draussen reingekommen bin, habe ich schon gemerkt, dass es kalt war (lacht).
Was ist Ihr Tipp für Fotografie-Anfänger?
Immer genau hinschauen. Immer eine Kamera oder ein Handy dabeihaben, um spontane Foto-Chancen zu nutzen. Und dann einfach ausprobieren. Aus meiner Erfahrung lohnt es sich, die Perspektive auch mal zu wechseln und von allen Seiten zu fotografieren. Also wirklich mal ganz vom Boden, oder aus der Vogelperspektive. Das macht so viel aus und bietet Möglichkeiten, an die man vorher vielleicht gar nicht gedacht hat.
Haben Sie mit Ihren Schülern auch schon mal fotografiert?
Als ich mal grössere Kinder unterrichtet habe, habe ich das mal ausprobiert, ja. Wir haben «Kunstaufräumen» gemacht. Die Kinder haben dazu alle Gegenstände aus ihrem Etui herausgenommen und diese kreativ arrangiert und fotografiert. Es war spannend zu sehen, wie unterschiedlich die Fotos ausgefallen sind.
CEWE steht für persönliche Fotoprodukte, Erinnerungen zum Anfassen. Welchen Wert hat ein gedrucktes Foto für Sie?
Für mich wird ein Foto erst zum Bild, wenn ich es in die Hand nehmen kann. Ich habe deshalb Regale voller Fotobücher. Zum Beispiel von der Kindheit meiner Töchter, die mittlerweile 18 und 21 Jahre alt sind – da hat es pro Tochter etwa 20 Fotobücher, von der Geburt bis heute. Sie schauen immer wieder gerne rein und erinnern sich, wie das früher war. Natürlich möchte ich auch meine Ferien festhalten, deshalb mache ich immer ein Fotobuch als Andenken daran. Einige habe ich auch schon verschenkt, zum Beispiel von Geburtstagen oder für meine Eltern. Die Freude ist immer riesengross. In unserem Zuhause finden sich auch viele Fotos, seien es Schnappschüsse von der Familie, der Katze oder Ferien- und Reisebilder. Das «Pusteblumen-Schirmchen» werde ich mir sicher als grosses Wandbild bestellen und aufhängen.
Vielen Dank für das Interview!